Reisebericht Pjöngjang, Nordkorea, Messe Muenchen International.
Anlässlich einer Messe (Sept. 2002) hatte ich die Gelegenheit, die nordkoreanische
Seite tatsächlich zu betreten. Die Anreise erfolgte von Seoul über Peking aus, weil ja
südkoreanische Fluglinien keine Anflugrechte haben.
Manometer, was für ein Erlebnis! Die rotgepuderten Stewardessen der nordkoreanischen Airline, die,
wenn ich mich recht erinnere, „Koryo“ hieß, haben wie in einem Theater die
Vorhänge vorne im Flieger zurückgezogen und sich vorgestellt. Gleich neben dem Exit
lag ein dickes Seil, sehr wahrscheinlich für den Notfall, um
sich aus dem Flugzeug abzuseilen. Außer mir waren nur wenige Fluggäste an Bord, einige
Messeteilnehmer und Nordkoreaner. Ich vermute, dass es sich bei den koreanischen
Fluggästen überwiegend um nordkoreanische Regierungs-Attachés handelte. Die
waren nicht gerade gesprächig (um nicht zu sagen: ausgesprochen verschlossen).
Die Passkontrolle am Flughafen in Pjöngjang verlief problemlos. Der Beamte saß in einer Art Holzkäfig, man musste
den Pass zu ihm nach oben reichen, er selbst war gar nicht richtig zu sehen. Es war irgendwie ein Spiegel
angebracht, der die Passinhaber für ihn sichtbar machte. Dann musste ich meine beiden Handys abgeben. Das
deutsche Handy hatte ich extra noch eingepackt, um in das GSM-Netz zu kommen, welches von den Deutschen
aufgebaut worden sein soll. Außerhalb vom Flughafengebäude standen mehrere schwarze Mercedes der S-Klasse
bereit, Limousinen neuester Bauart, die die Attachés einsammelten. Ich musste noch auf einige deutsche
Firmenvertreter aus Seoul und auf den Messeorganisator aus München warten. In einem Reisebus ging es dann
in die Stadt, um sich vor der Statue Kim Il Sungs zu verbeugen. Das war eine gesetzliche Bestimmung von
Kim Jong Il, dem damaligen Führer Nordkoreas. Naja, ich war Gast des Landes und habe mich so wie die anderen
auch vor die Statue gestellt und mich tief verbeugt.
Pjöngjang selbst nahm ich als ziemlich leergefegt wahr. Viele Menschen habe ich auf dem Weg zum Hotel
nicht gesehen. Einige waren mit tief herunterhängenden Rucksäcken unterwegs. Es sah aus, als ob sie
Eisenteile darin mit sich herumschleppten. Andere zogen Karren und kamen mir ziemlich abgerackert vor.
Der Autoverkehr war bis auf wenige Fahrzeuge wie bei uns am Neujahrstag. Die Kreuzungen wurden von
uniformierten Frauen unnachahmlich graziös geregelt.
Inmitten der Stadt fiel sofort ein gewaltiges, pyramidenförmiges Gebäude auf. Ein rostiger Kran ragte
aus der Pyramidenspitze. Das recht mysteriös wirkende Bauwerk sollte, so habe ich später erfahren,
seit 20 Jahren im Bau sein. Vermutlich wird es mittlerweile fertiggestellt sein. Ansonsten empfand
ich die Stadt als sehr gepflegt und sauber, es duftete sogar nach Blumen. Aber es gab ja auch so gut
wie keinen Verkehr und rauchende Schornsteine sah ich auch nirgendwo.
Das Hotel, dessen Namen ich leider vergessen habe, lag am Stadtrand, direkt am Taedong-Fluss. Es war eher schlicht
ausgestattet, aber durchaus mit westlichen Standards vergleichbar. Ich weiß noch, die Betten waren mit
einer rosaroten Seidendecke überzogen. Im Fernseher wurden im einzig einstellbaren Sender koreanische
Operetten ausgestrahlt. Sehr wahrscheinlich waren das Huldigungen an den geliebten Führer. Abends konnte
ich überraschenderweise sogar mal für kurze Zeit CNN sehen, d. h. die müssen auf dem Dach eine
Satellitenschüssel gehabt haben. Das Essen war hervorragend. Im Lobby-Restaurant wurde sogar gut
schmeckendes Fassbier ausgeschenkt. Das Zapfen müssen die Nordkoreaner von den Ostdeutschen gelernt
haben. Bezahlt wurde mit Kreditkarte auf Basis von US-Dollar.
Am darauffolgenden Tag ging es dann gemeinsam mit deutschen Firmenvertretern auf die Messe. Es waren nicht so viele Messestände aufgebaut, vielleicht 30. Unser Messestand war gleich beim Eingang und deshalb auch bestens besucht. Es schauten viele alte Nordkoreaner vorbei, die fließend deutsch sprachen. Pjöngjang stand ja zu Mauerzeiten im regen wirtschaftlichen und bildungspolitischen Austausch mit der DDR. Das erklärte auch die Braukunst und das gute Bier, das im Hotel ausgeschenkt wurde, wahrscheinlich gebraut in einer von Ostdeutschen gelieferten Anlage. Einer der Messebesucher trat zu mir und wollte wissen, wie er Gold verkaufen könne. Was er wahrscheinlich wirklich wollte, waren irgendwelche Kontakte nach außen. Eine ganze Delegation junger Leute kam, um Englisch zu üben. Sie waren der Meinung, dass sich die Grenze zu Südkorea morgen öffnen würde.
Die Messe war nach drei Tagen beendet und für die Besucher bedeutete sie eher eine Möglichkeit, mit Ausländern in Kontakt zu treten, als die neueste Technik kennenzulernen oder irgendwelche Geschäfte anzubandeln. Am letzten Tag lud mich die Deutsche Botschaft dann noch auf einen kleinen Imbiss ein, bei dem Vertreter der UN anwesend waren. Das Politische wurde in den Gesprächen geflissentlich ausgeklammert, aber ein Botschaftsangehöriger vermittelte die Idee von einer wirtschaftlichen Öffnung des Landes und Chancen für Elektrokonzerne in den Bereichen Energy und Healthcare.
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